In dieser Arbeit wird versucht, die Grenzen der Auslegung im Strafrecht zu ziehen und zu zeigen, welche Rolle die“Neue Rhetorik”bei der Auslegung spielen kann. Dazu wird § 170 Abs. 2 des koreanischen Strafgesetzbuches als Beispiel angefuhrt. Eine Arbeiterin in einem Obstgartenbetrieb verursachte fahrlassig einen Brand der Apfelbaume, die nicht zur ihrem Eigentum gehorten. Die Mehrheit der Richter des obersten Gerichts interpretierte den Para-
graphen so, dass die Beschuldigte zu einer Strafe verurteilt werden kann, wahrend die Minderheit davon ausging, dass es nicht moglich sei, sie gemaß dem entsprechenden Paragraphen zu bestrafen. Nach der linguistischen Analyse kann man die Beschulidigte nicht be-strafen. Da es dabei um die Grammatik geht, gibt es bei der Auslegung keinen Platz fur die Rhetorik. Der Begriff universelles Auditorium, den der Philosoph Chaim Perelman in seiner“Neuen Rhetorik”fur den Kernpunkt halt, ist diesbez glich unnotig. Die Rhetorik braucht das Gericht erst dann, wenn das Gesetz ambig oder vage ist. Bei der rechtlichen Auslegung sind die Grammatik und die Logik der Rhetorik vorrangig.