Die Stadt im fr hen 20 Jahrhundert ist Inbegriff technischer u und industrieller Hochentwicklungen. Der Expressionist reagiert auf die wachsende Industrie skeptisch, denn sie zerstort das traditionelle Landschaftbild, sie fuhrt zur Naturzerstorung. Die Themen der Industrielandschaft und Gro stadt, die die Expressionisten aufgegriffen haben, bieten einen Uberblick uber die existentiellen Reaktionen auf die gro stadischen Lebensbedingungen und uber asthetische Verarbeitungsformen. Berlin, das seit 1871 deutsche Reichshauptstadt war, gilt als am schnellsten wachsende Gro stadt Europas. Zugleich ist Berlin das Zentrum des liberalen deutschen Burgertums. Viele Dichter und Kunstler haben Berlin als Wohnort, Zwischenstation oder Zufluchtsort aufgesucht. Georg Heym darf als bedeutendster Vertreter des lyrischen Gro stadtexpressionismus gelten. Seine Gedichte 〈Der Gott der Stadt〉 und 〈Die Damonen der Stadte〉 bedeuten nicht nur uberirdische Gewalt sondern auch eine Personifizierung der zerstorerischen Krafte der modernen Stadt selbst. Heym entfaltet Wesen und Schicksal der modernen Stadt mit mythischen Bildern durch ha liche Damonisierung als eine Moglichkeit visionarer Entrealisierung. Die Gro stadtgedichte von Heym sind keine direkt kritischen Texte uber die moderne Zivilisation. Eher provozieren sie uns indirekt die moderne Zivilisation zu kritisieren. Als ein Gro stadtmaler konnen wir uns Ludwig Meidner zuwenden. Mit seinen Bildwerken zwischen 1911 und 1914 hat er den deutlichsten Beweis seiner ambivalenten Gro stadterfahrung gegeben. Meidner hat seine kunstlerische Absicht in dem programmatischen Text 〈Anleitung zum Malen von Gro stadtbildern〉 geau ert. Gegen die ‘Tonwerte’ der impressionistischen Atmosphare und Maltechnik fordert Meidner die energetische, mobilisierte und dynamisierte Wahrnehmung der modernen Gro stadt und gro stadtischen Motive. Seine starke Bejahung der Gro stadtwelt wird aber mit seinen bildkunstlerischen Arbeiten widerlegt. In ihnen wird zunehmend eine kritische Haltung eingenommen. Letztlich verweisen seine Stadtlandschaften im besonderen auf endzeitliche Stimmung. Das ist eine Reihe von 〈Apokalyptischen Landschaften〉. Von diesen endzeitlichen Zivilisationskatastrophen haben die Lyriker in ihren Gedichten bereits um 1910 geschrieben. Ebenso wie Meidner in seinen Gemalden hat Heym in seinen Gedichten von der Stadt eine Untergangsstimmung entfaltet. Meidner hat viele inhaltliche Anleihen bei den expressionistischen Lyrikern gemacht, besonders bei Heym, der wie Meidner noch ein Schlesier ist und mit Ha liebe Berlin gegenubersteht. In Meidners Atelier begegneten einander zum ersten Mal junge Schriftsteller und bildende Kunstler des Expressionismus au erhalb der offentlichen Statten in Berlin. Schon vor der Zeit der Mittwoch-Abende gab es einige Bewegungen mit Dichtern, so mit Heym im ‘Neopathetischen Kabaret’. Zu den diesen Dichtern fuhlte er sich hingezogen, denn, wie er in der Malerei, waren sie Untergangspropheten in der Lyrik. Meidner und Heym haben zusprechend ahnliche Bilder gefunden, jeder in seinem Metier. Wir konnen eine auffallige Verwandtschaft zwischen den beiden Kunstbereichen Malerei und Poesie beobachten. In Lyrik und Malerei wird demnach in gleichem Ma e die peinigende Beunruhigung der Menschen durch eine noch unsichtbare, aber nervlich schon spurbare Gefahr dargestellt. In den unterschiedlichen kunstlerischen Medien tritt somit eine gemeinsame innere Quelle zutage, die sich mit dem Begriff ‘Zeitgeist’ umschreiben la t.