Die vorliegende Arbeit befasst sich mit dem Thema ‘Meereswahrnehmung im Wandel’, wie es seit dem Zeitalter der Großen Seefahrt bis heute zu betrachten sei. Behandelt werden verschiedene Aspekte, die einen langsamen, aber radikalen Umbruch verdeutlichen sollen.
Es wird aufgeführt, wie sich die tiefverwurzelte Abscheu der Menschheit gegen Wasser und Meer - ‘Thalassophobie’ - in dem religiös geprägten mittelalterlichen Bild des Meeres als etwas Bösem, Hässlichem wieder finden lässt, und wie die althergebrachte Meer- bzw Inselutopie durch die Erfahrung der Großen Seefahrt sowohl erschüttert(z. B. Thomas Morus’ Utopia), als auch zur Eldorado-Entdeckungslust entfesselt wurde.
Es werden folgende Punkte mit Bezug auf den französischen Kulturhistoriker Alain Corbins Meereslust. Das Abendland und die Entdeckung der Küste 1750-1840(1988) dargestellt: die Erfindung des Meeres als Energiequelle für die ermüdete Bourgeoisie-Klasse der Stadt im Verlauf des 18. Jahrhundert, die Entdeckung des Küstenraums und die damit verbundene ästhetische Umdeutung des Meeresanblicks usw.
Die Arbeit versucht diese Aspekte jedoch nicht lediglich zu rekonstruieren, sondern darüber hinausgehend zu verdeutlichen, dass der Umbruch den weiteren Lauf des 19. und 20. Jahrhunderts beeinflusst(Corbin: “Wende vom Therapeutischen zum Hedonistischen”), welchen man etwa als Individualisierung der Meer-Utopie bezeichnen könnte.
Zum Schluss wird aber auch auf den uralten, aber kürzlich wieder aktuellen Aspekt der Beziehung von Mensch und Meer ein Blick geworfen, nämlich die Fluten und die Furcht des Menschen davor. Erfahrungen mit einer Reihe von verheerenden Tsunamis im Jahr 2004(an den indonesischen Küsten) und 2011(an den ostjapanischen Küsten) sind Beweis dafür. Trotz Individualisierung, Hedonistischer Aneignung in den letzten Jahrhunderten hat das Meer seinen Schrecken nicht verloren. Wie F. Braudel schreibt: “[D]er Meeresspiegel ... ist über der Tiefe seiner erstaunlichen Vergangenheit das leuchtendste und beredteste aller Zeugnisse“, das Meer ist nämlich ein Spiegel, und zwar die schiere Projektionsoberfläche der kollektiven Gefühle und Triebe.