Die Kernfrage, die in dem neulich vom Verfassungsgericht entschiedenen Anklageverfahren gegen den Staatspräsidenten im Mittel- punkt der Diskussion stand, war die, ob das Verfassungsgericht befugt ist, bei der Feststellung des Rechtsverstosses über die Entlassung des Präsidenten zu entscheiden. Zunächst stellt sich die Frage, ob aus der verfassungsrechtlich gestalteten Grundstruktur des Anklageverfah- rens eine solche Befugnis des Verfassungsgerichts zu entnehmen ist. Der Versuch, aus der Anklgeverfahrensstruktur, in der das Antrags- recht und das Entscheidungsrecht getrennt jeweils dem Parlament und dem Verfassgunsgericht verliehen werden, ein Ermessen des Verfas- sungsgerichts zu begründen, ist zum Scheitern verurteilt, da er notwendig dazu führt, die konkreten positiven Bestimmungen der Verfassung und des Verfassgunsgprozeßrechts zu ignorieren.
Daher ist die Frage, ob dem Verfassungsgericht im Hinblick auf die Entlassung ein Ermessen zusteht, aufgrund der Auslegung der positiven Bestimmungen zu klären. Bezüglich dieser Frage entscheidend ist, wie der Satzteil “wenn der Antrag begründet ist” des §53 Abs.1 des Verfassgungsgerichtsgesetzes auszulegen ist. Nach der hier vertretenen Auffassung ist sowohl die Auslegung, daß das Verfassungs- gericht bei Feststellung des Rechtsverstosses automatisch eine Entscheidung erlassen muß, den Staatspräsidenten zu entlassen, als auch die Auslegung, daß die Gewichtigkeit des Rechtsverstosses als ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal aufzunehmen ist, möglich. Die beiden Auslegungen sind mit der fast gleichen rechtstheoretischen Berechtigung ausgestattet.