Das Drama Der Findling ist in eine Zeit politischer Unruhe und personlicher Krise im Leben Ernst Barlachs einzuordnen. Barlach hatte zum Findling eine besondere Beziehung, besonders seit der Machtergreifung des Nationalsozialismus. Im Jahr 1933 bezeichnete er das Drama als durchaus aktuell und 1936, zwei Jahre vor seinem Tod, nannte er den Findling sein liebstes Stuck.
Barlach schrieb dieses Drama unter dem Eindruck des Ersten Weltkrieges. In Vorspiel, Mittelstuck und Schlußstuck kommen immer neue Personen in bestandiger Flucht auf die Buhne und verschwinden wieder. Nur der Steinklopfer und der Findling sind immer da. Es herrscht Krieg, reprasentiert durch den “roten Kaiser”, Not und Elend. Der rote Kaiser wird vom Steinklopfer erschlagen, als Mahl zubereitet und den Hungrigen angeboten. Elise, die Tochter des Wucherers, und Thomas, der Sohn des Puppenspielers, sind die einzigen, die sich nicht am Menschenfraß sattigen. Sie nehmen stattdessen den verunstalteten Findling an Kindes Statt an. Dieser entpuppt sich dann als strahlendes Kind, als Gottesgestalt.
Dieses finstere Spiel hat Barlach zu der eindrucksvollsten seiner Holzschnittserien angeregt. Beim Findling ist der Graphiker dem Dichter zweifellos uberlegen. Die Gestalten, die im Text hinter Mysterien und Symbolen verborgen sind, erscheinen im Holzschnitt klar, einfach und ins Menschliche zuruckverwandelt. In seinem Drama und den entsprechenden Illustrationen konnte Barlach seine Gedankenwelt in zwei unterschiedlichen Medien zum Ausdruck bringen. Der Text kann die Entwicklung der Charaktere und ihre Eigenschaften beschreiben und die Bilder konnen unmittelbar in die Orte der Handlung und in eine bestimmte Atmosphare hineinversetzen. So ermoglicht dem Kunstler dieses illustrative Werk, im Zusammenspiel von Text und Bild vielfaltige Aspekte einer Thematik zu beleuchten.