In der Frage der rechtlichen Geschichtlichkeit befinden sich nicht nur die geschichtlichen Änderungen der Inhalte des positiven Rechts, sondern auch die Werdung des Rechts im allgemeinen, das selbst den Charakter des geschichtlichen Wesens und auch der geschichtlichen Seinsgebundenheit inne hat. Das ist auch die Frage der geschichtlichen Immanenz von allen auch das Naturrecht einschließenden Rechtsideen und der Gerechtigkeit. Das Naturrecht müßte zum positiven Recht werden, wenn es tatsächlich vollkommen der Geschichte immanent wäre. Andererseits würde es nichts mit dem positiven Recht gemeinsam haben, wenn es völlig transzendent von der Geschichte wäre. Es ist ein wesentliches Element des gegenwärtigen Naturrechts, immanent in dem positiven Recht zu sein und gleichzeitig sich immerfort zu entwickeln, indem es sich von der Geschichtlichkeit des positiven Rechts befreit. In jedem Zeitalter wird das Element des Naturrechts von den jeweiligen geschichtlichen Situationen eingeschränkt.
Immerhin geht es darum, das gegenwärtig gestellte Problem eher aktiv zu akzeptieren,ohne es zu vermeiden. Und dann ist es wichtig, wie man das objektive Naturrecht in der Geschichtlichkeit der Rechtsidee feststellt. Nun stellt sich die Frage, wie man den obejektiven und immanenten Maßstab und auch die Einschränkung des sich geschichtlich werdenden und ändernden, positiven Rechts in Bezug auf die Überwindung des gegenwärtigen Rechtspositivismus darbieten soll.
In dieser Arbeit geht es darum, die Lösungsversuche des Problems zu untersuchen,wobei hauptsächlich die gegenwärtige Naturrechtslehre Deutschlands behandelt wird.
Die werttheorische Naturrechtslehre beerbt zwar die Sehnsucht des traditionellen und absoluten Naturrechts nach dem ewigen und unveränderbaren Recht, stößt aber auf die Schranke der rechtlichen Geschichtlichket. Die sachlogische strukturtheoretische Naturrechtslehre sucht nach der ewigen Wahrheit in Gegenständen des Rechts.
Hingegen geht der Kern des Natürlichen in der existentiellen Naturrechtslehre verloren wegen der rechtlichen Gegenwärtigkeit und des unilateralen Zwangs der existenziellen Entscheidung, die beim Versuch hervortreten, das Spannungsverhältnis mit der rechtlichen Geschichtlichkeit durch die geschichtliche Internalisierung des Naturrechts aufzulösen. Schließlich läßt sich die Rechtsontologie als ein gültiger Versuch ansehen, um den gegenwärtigen Problemen eine effiziente Richtung zu geben. Dort wird das Recht geschichtlich aufgefasst und gleichzeitig werden die übergeschichtlichen Rechtsprinzipien ergriffen. In der Diskussion über das Naturrecht wird die Frage der ontologischen Struktur des Rechts daher für eine sinnvolle und gültige Richtung gehalten.