Die ‘actio libera in causa’ ist - anders als in Deutschland - im Art. 10 Abs. 3 im Rahmen der strafrechtlichen Schuldzuweisung geregelt. Diese Rechtsfigur behandelt den Fall, in dem sich der Tater vor Begehung der Tat voraussichtlich in einen Zustand der begrenzten Schuldfahigkeit hat, um in diesem Zustand die Tat mit Strafmilderung begehen zu konnen. In den Fallen kann die Rechtsfigur das Koinzidenzprinzip zwischen Unrecht und Schuld ausschließen. Aber die Erklarungen der sog. Modell-Theorien uber Strafbarkeit der ‘actio libera in causa’ ist dem Wortlaut des Art. 10 Abs. 3 nach uberflussig. Das Strafgesetzbuch stellt schon ausdrucklich die Ausnahme des Prinzips dar. Die Unrechtsmerkmale (z. B. Vorsatz und Fahrlassigkeit) werden danach nicht beim Anfang der Ausfuhrung, sondern erst bei der Tatbegehung entschieden, wenn die Strafbarkeit der ‘actio libera in causa’ mit dem Gesetz berucksichtigt wird. Die dogmatische Diskussionen, die mit vier oder acht Kombinationen irgendwo ‘Vorsatz’ und ‘Fahrlassigkeit’ zu verlagern versuchen, sind heute im Regelfall bei Gesetzestexte auch gar nicht mehr notig. Das Unrecht der Handlung soll schon durch den Unrechtscharakter der Tatbestandsverwirklichung ohne Berucksichtigung der Schuldfahigkeit des Taters festgesetellt werden. Also ist Mindestvoraussetzung jedenfalls, dass der Tater in der Tatbegehung im Defektzustand den objektiven und subjektiven Tatbestand des jeweils in Betracht kommenden Strafgesetzes verwirklicht. Art. 10 Abs. 3 bedeutet nur die Abweichung von der Regel der Srafausschließung und -milderung(Abs. 1 und 2). Der Merkmal ‘in der Voraussicht der Gefahrdungseintritt’ im Art. 10 Abs. 3 soll als ‘mit Unrechtsbewußtsein’ verstehen, damit die Tatbegehung wegen der ursachlichen Handlung ihre verantwortliche Strafbarkeit verwirklichen kann. Diese Auslegung entspricht auch dem kriminalpolitschem Zweck des Art. 10 Abs. 3.